Immer wieder wird öffentlich über Netztarife diskutiert: Wofür zahlen Kund:innen eigentlich Netztarife? Wie werden diese festgelegt? Warum steigen sie? Und ist das System eigentlich gerecht? In diesem Blogbeitrag möchten wir erklären, wie das System der Netzfinanzierung funktioniert.

Netztarife in ihrer heutigen Form werden seit der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 2001 eingehoben. Damals wurde das Stromsystem geteilt: Für die Energielieferanten wurde der freie Markt eingeführt - jede Person und jedes Unternehmen, das Strom benötigt, kann sich den Lieferanten frei aussuchen. Den Netzbetreibern, jene Unternehmen, die sich um den Transport und die Verteilung des Stroms kümmern, wurde ein natürliches Monopol zugestanden, um einen kostspieligen Aufbau von doppelter Infrastruktur zu verhindern. Entsprechend können Kund:innen den Netzbetreiber nicht frei wählen, er ergibt sich aus der jeweiligen Liegenschaftsadresse. Regelmäßig geprüft werden Netzbetreiber durch die Regulierungsbehörde E-Control.

Die Netztarife dienen Netzbetreibern zur Deckung sämtlicher Aufwendungen – für den Netzausbau genauso wie den laufenden Betrieb, also für Personal, Material, Reparaturen und den Einkauf von Strom, der zum Betrieb des Stromnetzes benötigt wird (sogenannte „Netzverluste“).

Wie werden Netztarife berechnet?

Die Höhe der Netztarife wird nicht willkürlich festgelegt: Die Regulierungsbehörde E-Control führt jährlich ein Kostenermittlungsverfahren durch, das mit einer Betriebsprüfung vergleichbar ist. Dabei werden alle Ausgaben und Investitionen eines Netzbetreiber auf ihre Notwendigkeit hin überprüft. Auf Basis der sogenannten „genehmigten Kosten“ legt eine Kommission der E-Control anschließend die Netztarife – je Netzgebiet – fest. Das erfolgt vereinfacht gesagt nach folgendem Prinzip:

Gesamtheit der genehmigten Ausgaben eines Netzbetreibers (Dividend)
÷ Anzahl der verbrauchten Kilowattstunden (Divisor)
= Netztarif pro Kilowattstunde (Quotient)

Wie werden Netztarife verrechnet?

Alle Kund:innen – vom Ein-Personen-Haushalt bis zum Konzern mit mehreren tausend Mitarbeitenden – bezahlen den Netztarif pro verbrauchter Kilowattstunde – wer mehr Strom aus dem Netz bezieht, bezahlt also insgesamt auch mehr Netzgebühren.
Anmerkung: Für das Einspeisen von Strom zahlen aktuell nur Kraftwerke mit einer Leistung von mehr als 5 Megawatt: Hier wird pro eingespeiste Kilowattstunde ein Systemnutzungsentgelt von etwa 0,0035 Euro (Tarif 2025) fällig. Alle Erzeugungsanalagen unter dieser Leistungsgrenze – etwa alle Besitzer:innen privater PV-Anlagen – zahlen aktuell keinen Netztarif für das Einspeisen ihres Stroms ins Netz.

Warum steigen Netztarife?

Da insgesamt immer mehr Anwendungen elektrifiziert werden (Wärmepumpen, E-Autos, etc.) und gleichzeitig mehr erneuerbarer Strom potenziell ins Netz drängt, muss das Stromnetz ausgebaut werden. Und das löst Investitionen aus, die – wie oben beschrieben – als „genehmigte Kosten“ den Dividenden in der Netztarifberechnung vergrößern. Gleichzeitig verkleinert sich aktuell allerdings der Divisor, da die Menge an Strom, die aus dem Netz entnommen wird, weniger wird. Ursache dafür ist, dass viele Privathaushalte und Unternehmen ihren eigenen Sonnenstrom nutzen. Entsprechend vergrößert sich der Quotient – der Netztarif.

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Der Netztarif der Zukunft?!

Durch die enorme Zunahme der Elektrifizierung und von erneuerbaren Erzeugungsanlagen hat sich unser System über die letzten Jahre stark verändert – Netzentgelte werden sich daher ebenso verändern müssen. Im aktuell zur Begutachtung stehenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) werden dazu unterschiedliche Maßnahmen vorgeschlagen:

Leistungsabhängige Netztarife: Aktuell wird der Netztarif nach verbrauchter Energie (gemessen in Kilowattstunden) verrechnet. Für das zuverlässige Funktionieren des Stromnetzes entscheidend ist aber nicht die Menge an Strom, die über einen Zeitraum verbraucht wird (=Energie), sondern die Menge an Strom, die gleichzeitig zu einem bestimmten Augenblick transportiert werden muss (=Leistung). Durch leistungsabhängige Netztarife soll mehr Bewusstsein dafür geschaffen werden, nicht zu viele Geräte gleichzeitig in Betrieb zu nehmen (z.B. Geschirrspüler, Herd und Waschmaschine), sondern die benötigte Leistung, wenn möglich besser über den Tag zu verteilen.
Dynamische Netztarife: Netztarife der Zukunft könnten sich auch an der zu erwartenden oder der tatsächlichen Netzlast orientieren. In Zeiten, in denen viel Strom im Netz vorhanden ist, könnte der entnahmebasierte (oder in Zukunft vielleicht leistungsbasierte) Netztarif günstiger sein. Dadurch können Anreize geschaffen werden, dass Strom vor allem dann verbraucht wird, wenn viel davon vorhanden ist (etwa im Sommer zur Mittagszeit). Effiziente Energiemanagementsysteme und intelligente Stromspeicher, können dabei künftig unterstützen.
Netztarife für alle Einspeiser: Im Entwurf für das ElWG wird vorgeschlagen, dass künftig alle Besitzer:innen erneuerbarer Erzeugungsanlagen auch für das Einspeisen von Strom einen Netztarif entrichten müssen. Dieser würde – wie der entnahmebasierte Netztarif – ebenfalls von der Regulierungsbehörde E-Control festgelegt werden. In welcher Höhe ist aktuell noch nicht bekannt, als Orientierung könnte das oben erwähnte Systemnutzungsentgelt für große Kraftwerke dienen. Unter dieser Annahme stünden 1.000 eingespeisten Kilowattstunden mit ca. 3,5 Euro Netzgebühren etwa 58 Euro Vergütung (OeMAG-Marktpreis Sommer 2025) gegenüber.

Fazit

Netztarife sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Stromsystems – sie finanzieren den sicheren und stabilen Betrieb des Netzes. Doch die derzeitige Struktur birgt Gerechtigkeitsfragen, insbesondere im Hinblick auf die Verteilung der Kosten. Mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz sollen daher neue Wege beschritten werden, um ein zuverlässiges Stromnetz zu gewährleisten, das für die Energiewende gerüstet ist.