Immer wieder wird in sozialen Medien behauptet, dass Freileitungen von den Netzbetreibern deshalb bevorzugt werden, weil sie ein einträgliches Geschäftsmodell sind.

26. März · Vielfach wurden wir gefragt: „Wenn doch alle Argumente für eine Erdverkabelung und gegen die Freileitungen sprechen, WARUM bleibt die Stromwirtschaft dann auf diesem Standpunkt?“.

Zunächst hatten wir große Mühe, diese einfache und logische Frage zu beantworten – denn es war uns selbst sehr lange nicht bewusst. Doch schließlich durchschauten wir das perfide System, das aus Stromübertragungsverlustkosten ein Umsatz- und Gewinnsystem macht. Die entscheidende Basis lieferte das jüngste Buch von Prof. H. Brakelmann aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „Erdkabel für den Netzausbau“. Darin wird wissenschaftlich errechnet, dass die Stromübertragungsverlustkosten einer 380kV-Freileitungsanlange mit zwei Systemen bei durchschnittlicher Auslastung, 2,6 Millionen Euro 1 je Trassenkilometer und Jahr betragen!

Zur Verdeutlichung: 2019 betrieb die APG in Österreich rd. 1.300km 380kV Trassenlänge mit zwei Systemen. Hochgerechnet ergibt das Übertragungsverlustkosten von EUR 2,6Mio / km * 1.300km = rd. EUR 3,4 Milliarden pro Jahr. Diese Kosten werden auf die Privatkunden – also uns alle - umgewälzt.
Man beachte: Es handelt sich bei diesem Betrag nur um die Übertragungsverluste des 380kV Leitungsnetzes. Hinzu kommen noch jene der 220- und 110kV-Netze. Die Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetze sind ebenfalls nicht eingerechnet!

Diese Übertragungsverlustkosten sind für die Netzbetreiber kurioserweise so etwas wie ein „Recurring Revenue Modell“, das überdies noch verbrauchsunabhängig, quasi garantiert ist. Also etwas, wovon jedes Unternehmen dieser Welt träumt. Es wird mit einem Aufschlag an die Kunden (private Stromkunden) im Zuge der Netzgebühren weiterverrechnet.

Würde man die 2-systemigen 380kV Freileitungen gegen 2-systemige Erdkabel ersetzen, dann reduzierten sich die Stromübertragungsverluste im Beispiel einer 380kV-Leitung mittlerer Auslastung um 62%1! Dies würde für die im Jahr 2019 lukrierten „Verlustumsätze“ eine Umsatzreduktion von EUR 3,4 Mrd. auf rd. EUR 1,3 Mrd. bedeuten. Also einen Rückgang um EUR 2,1 Mrd!!

Wir sprechen also von einem Milliardengeschäft, das die Netzbetreiber APG sowie alle EVUs (z.B. Salzburg Netz GmbH) mit den Übertragungsverlusten machen. Weil die Kabel so viel effektiver in der Stromübertragung sind, würden diese das Geschäft um über 60%1 reduzieren. Und damit auch die Dividenden der Eigentümer (hauptsächlich Landes- und Bundesregierung) schmälern!

Wir haben also einen Systemfehler vorliegen, der die Netzbetreiber und die Eigentümer von Übertragungsverlusten profitieren lässt und damit ein Verhindern des technischen Fortschritts im System festlegt. Das alles auf Kosten der Natur und der privaten Stromkunden, welche auf diese Weise indirekt zusätzliche Steuern und Abgaben an die jeweiligen Regierungen im Bund und in den Ländern abliefern.

Fairkabeln setzt sich dafür ein, dass dieses „kranke“ System endlich abgeschafft und gegen ein modernes und auf die Bedürfnisse von Mensch und Natur ausgelegtes Verrechnungssystem ersetzt wird. Die österreichische Stromwirtschaft ist systemrelevant und befindet sich deshalb im Mehrheitsbesitz des Staates. Es darf aber keinen „Staatskapitalismus“ auf Kosten der Bevölkerung geben – denn wie der Staat seine fragwürdigen Interessen durchsetzt, können wir am Beispiel der 380kV Salzburgleitung sehen.

1) Heinrich Brakelmann, Lorenz J. Jarass: "Erdkabel für den Netzausbau - Höchstspannungskabel, Drehstrom und Gleichstrom, Minimaltrassen, Zuverlässigkeit, Kosten"; Norderstedt 2019, S.264.

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In diesem social-media-Post werden folgende Behauptungen aufgestellt:

Die Stromübertragungsverlustkosten einer 380kV-Freileitungsanlange mit zwei Systemen bei durchschnittlicher Auslastung betragen 2,6 Millionen Euro 1 je Trassenkilometer und Jahr! Hochgerechnet auf das Übertragungsnetz der APG ergibt das Übertragungsverlustkosten von EUR 2,6Mio / km * 1.300km = rd. EUR 3,4 Milliarden pro Jahr.
Die (Netzverlust-)Kosten werden auf die Privatkunden – also uns alle - umgewälzt.
Es handelt sich bei diesem Betrag nur um die Übertragungsverluste des 380kV Leitungsnetzes. Hinzu kommen noch jene der 220- und 110kV-Netze. Die Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetze sind ebenfalls nicht eingerechnet!
Wir sprechen also von einem Milliardengeschäft, das die Netzbetreiber APG sowie alle EVUs (z.B. Salzburg Netz GmbH) mit den Übertragungsverlusten machen. Weil die Kabel so viel effektiver in der Stromübertragung sind, würden diese das Geschäft um über 60% reduzieren. Und damit auch die Dividenden der Eigentümer (hauptsächlich Landes- und Bundesregierung) schmälern!
Es liege also ein Systemfehler vor, der die Netzbetreiber und die Eigentümer von Übertragungsverlusten profitieren ließe und damit ein Verhindern des technischen Fortschritts im System festlege.

Faktencheck 1: Stromübertragungsverlustkosten einer 380kV-Freileitungsanlange mit zwei Systemen bei durchschnittlicher Auslastung betragen 2,6 Millionen Euro 1 je Trassenkilometer und Jahr! Hochgerechnet auf das Übertragungsnetz der APG ergibt das Übertragungsverlustkosten von EUR 3,4 Milliarden pro Jahr.

Die Behauptung ist falsch. Jedes Unternehmen ist gesetzlich zur exakten Buchführung verpflichtet. Der österreichische Übertragungsnetzbetreiber APG ist eine Aktiengesellschaft und muss entsprechend dem Aktiengesetz einen Geschäftsbericht veröffentlichen. Es kann keine Einnahmenposition von 3,4 Milliarden Euro bei einem Jahresumsatz von 727,4 Millionen geben. So etwas sollte man in der ersten Stunde eines Buchhaltungskurses lernen ...

Diese Behauptung der Übertragungsverlustkosten je Trassenkilometer ist nicht nachvollziehbar und mindestens irreführend. Die Behauptung lässt sich mit den aktuellen Betriebsdaten des 380.000-Volt Stromnetzes in Österreich klar widerlegen.

Weiters ist die aufgestellte Verlustrechnung pro Kilometer Höchstspannungsleitung falsch. Die APG beschafft zentral für sich selbst (Übertragungsnetz 380- und 220-kV-Netz) sowie für die Verteilnetzbetreiber (Hoch-, Mittel- und Niederspannung) jene Strommengen, die für den Ausgleich der Übertragungsverluste und den Betrieb der elektrischen Anlagen im Stromnetz in ganz Österreich notwendig sind. Der jährliche Bedarf beträgt österreichweit für 265.065 Kilometer Stromnetz inklusive rund 1.500 Kilometer 380-kV-Trassenkilometer sowie zehntausende Umspannwerke und Trafostationen bei etwa 3,1 TWh. Diese Kosten liegen – abhängig vom Beschaffungspreisniveau – in den letzten Jahren zwischen 100 und 150 Millionen Euro. Entsprechend der Behauptung würden aber nur die 128 Kilometer der Salzburg-Leitung 333 Millionen Euro Netzverlustkosten (128 Kilometer * 2,6 Mio Euro) entstehen. 0,05 Prozent Zubau zum österreichischen Stromnetz würden also mit einem Schlag den Betrieb aller Stromnetze in Österreich um den Faktor 3,3 verteuern.

Faktencheck 2. Diese Kosten werden auf die Privatkunden – also uns alle - umgewälzt.

Diese Behauptung ist falsch. Fakt ist, Netzverlustkosten werden auf alle Netzkunden überwälzt. Netzkunden sind alle Strombezieher – große und kleine Unternehmen, Landwirte, Gemeinden und nicht nur private Haushalte. Die Netzverlustkosten sind Teil der Netznebenkosten. Sie werden jährlich für die verschiedenen Netzebenen von der Regulierungsbehörde e-Control festgelegt und pro verbrauchter Kilowattstunde eingehoben.

Faktencheck 3: Zu den Netzverlustkosten von 3,4 Milliarde Euro kommen noch jene der 220- und 110kV-Netze. Die Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetze sind ebenfalls nicht eingerechnet!

Diese Behauptung ist falsch. Die APG beschafft (wie im Faktencheck 2 schon erwähnt) im Auftrag der Netzbetreiber unter regelmäßiger Prüfung der Regulierungsbehörde und entsprechend den geltenden nationalen Gesetzen die gesamte Ausgleichsenergie für das gesamte Stromnetz in Österreich – Höchstspannung, Hochspannung, Mittelspannung und Niederspannung.
Auf der Webseite der APG ist exakt beschrieben, was Netzverluste sind und welche Netzverluste abgedeckt sind. https://www.apg.at/de/markt/netzverluste

Faktencheck 4. Wir sprechen also von einem Milliardengeschäft, das die Netzbetreiber APG sowie alle EVUs (z.B. Salzburg Netz GmbH) mit den Übertragungsverlusten machen. Weil die Kabel so viel effektiver in der Stromübertragung sind, würden diese das Geschäft um über 60% reduzieren. Und damit auch die Dividenden der Eigentümer (hauptsächlich Landes- und Bundesregierung) schmälern!

Diese Behauptung ist falsch. Die Beschaffung von Ausgleichsenergie im Ausmaß von zwischen 100 und 150 Millionen Euro ist per Definition schon kein „Milliarden“-Geschäft. Die Beschaffung erfolgt weiters in einer europaweiten Ausschreibung und wird von der APG im eigenen Namen sowie im Namen der Verteilnetzbetreiber durchgeführt. Die Kosten werden von der Regulierungsbehörde geprüft und jedes Jahr zum 1. Jänner mit den verordneten Netzgebühren neu festgelegt.

Faktencheck 5. Es liege also ein Systemfehler vor, der die Netzbetreiber und die Eigentümer von Übertragungsverlusten profitieren ließe und damit ein Verhindern des technischen Fortschritts im System festlege.

Diese Behauptung ist falsch. Die Netzverluste sind bei allen Leitungsverbindungen (Freileitungen wie Erdkabel) und bei der Spannungsumwandlung in den Umspannwerken und Trafostationen physikalisch unvermeidbar. Sie verhindern keinen technischen Fortschritt, sondern entstehen aufgrund der Grundlagen der Physik. Entsprechend den geltenden Gesetzen werden die Kosten für die Netzverluste von der Regulierungsbehörde auf alle Netzteilnehmer pro verbrauchter Kilowattstunde ohne Aufschlag durch die Netzbetreiber umgewälzt.